Buchbesprechung: “Für mich ist auch die 6. Stunde” von Frau Freitag

Buchbesprechung: “Für mich ist auch die 6. Stunde” von Frau Freitag

Wie man unter Schülern überlebt und weitere Ratschläge fürs Lehrerleben – für ihr neustes Buch sammelte die bloggende Lehrerin Frau Freitag Tipps und Tricks, die sie selbst gerne während ihrer Ausbildung gekannt hätte.

Wie gehe ich mit Störern um? Welche Haltung beziehe ich bei Handys, Schminke und Jacken im Unterricht? Was tun, wenn einem der Klassenchef auf der Nase herumtanzt?

Frau Freitag gibt in ihrem Sachbuch Für mich ist auch die 6. Stunde – Überleben unter Schülern, das seit Mitte März erhältlich ist, Antworten auf diese ewiggleichen Lehrer-Fragen. Frau Freitag (so ihr Pseudonym) weiß, wovon sie spricht: Seit 15 Jahren unterrichtet sie Englisch und Kunst an einer Berliner Schule mit, so Buchdeckel, „lauter überdrehten, dafür recht leistungsschwachen Klassen“. Ihre Erfahrungen gibt sie seit 2009 auf ihrem Blog Na, wie war’s in der Schule? wieder, aus dem später die Bücher Chill mal, Frau Freitag, Echt easy, Frau Freitag! und Voll streng, Frau Freitag! entstanden. Waren diese noch eher schonungslos liebevolle Berichte über ihren Alltag als unerschrockene Lehrerin in Neukölln, gibt sie nun in „6. Stunde“ konkrete Tipps für den richtigen Umgang mit, sagen wir, nicht ganz so einfachen Schülerinnen und Schülern.

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Damit sie tun, was du willst: Konflikte aushalten und gewinnen

Zum Beispiel schildert die Autorin eine Situation, die wohl jede Lehrkraft kennt: Zwei Schüler quatschen miteinander und stören den Unterricht. Ermahnungen prallen an ihnen ab wie Regentropfen an der Windschutzscheibe. Für Frau Freitag ist dies eine Alles-oder-nichts-Situation, in gewisser Weise vergleichbar einer Kreuzung, die entscheidet, wohin die weitere Reise mit dieser Klasse gehen wird. Denn „Schüler wollen sehen, ob du dich durchsetzen kannst. Wenn du das aber nicht schaffst, dann widersetzen sich in der nächsten Stunde auch andere Schüler.“ Das Chaos ist somit vorprogrammiert. Das einzige, das laut Frau Freitag hilft: Die Lehrkraft muss Autorität walten lassen und die Auseinandersetzung gewinnen. Zum Beispiel mit dem „Prinzip kaputte Schallplatte“: Einfach so lange wiederholen, was man will, bis sie tun, was man will.

Auch die Eltern zur Hilfe holen ist für sie keine Schande. Oft reicht es schon, mit ihnen zu drohen. Frau Freitag nennt das „geborgte Autorität“. Und wenn die nicht anschlägt, gibt es immer noch die „Konfrontationstaktik“: die Eltern zu einem überraschenden Mehr-Augen-Gespräch mit ins Boot holen. Frau Freitag hat dies einmal mit zwei Schülern aus der achten Klasse gemacht: „So, Murat und Serhan, das ist doch schön, das ihr hier alle mit euren Müttern zusammensitzt. Murat, du bist doch so wahnsinnig interessiert an Serhans Mutter. Hier ist sie. Jetzt kannst du ihr doch endlich mal direkt sagen, was du alles mit ihr machen willst.“

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Lieber loben, als immer nur meckern

Frau Freitag kann aber auch andere Saiten aufziehen und weiß: Schüler sind auch nur Menschen, und wie alle anderen brauchen sie Anerkennung und Zuspruch. Meistens reicht schon ein einfaches Lob vor dem Unterricht. Und bei Jungs, die wie „eine Mischung aus Pitbull und Baby“ besonders viel Zuneigung brauchen, empfiehlt Frau Freitag eine verfeinerte Variante: die Taktik des besten Mannes. „Tarik, fang mal an, du bist doch mein bester Mann in Kunst.“

Auch gegenüber anderen Lehrkräften legt sie nahe, nicht mit Lob zu sparen. Denn es ist immer besser, Verbündete statt Feinde im Lehrerkollegium zu haben. Und manchmal ist es auch einfach schön, Komplimente zu verteilen. Gemeckert wird ohnehin überall und die ganze Zeit. „Das war echt toll, Herr Werner, wie cool du eben auf dem Gang den Konflikt geschlichtet hast.“ – „Das letzte Protokoll der Gesamtkonferenz hast du doch geschrieben, Frau Schwalle oder? Das war echt total gut zusammengefasst, fand ich.“

Apropos Lehrer: Frau Freitag hat es in ihrem Buch nicht nur auf die besonderen Schülerexemplare und den Umgang mit ihnen abgesehen. Sie schont sich und ihren Berufsstand ebenso wenig. Dies reicht von einer lustigen Typisierung („Der Resignierte“, „Die sexy Junglehrerin“, „Der harte Hund, „Der Brennende“) bis zu Kleider- und Hygienetipps, die man sich unbedingt zu Herzen nehmen sollte („Jeden Tag ein sauberes T-Shirt“, „Frauen immer mit BH“, „Haare, so vorhanden: fettfrei“).

Unser Fazit: Humorvoll, lebensnah und ohne Blatt vorm Mund

„Für mich ist auch die 6. Stunde“ mag mit seinen teils ungewöhnlichen Methodentipps vielleicht den ein oder anderen Pädagogikpapst vor den Kopf stoßen. Dafür glänzt es durch viel Lebensnähe, Witz und Liebe zum eigenen Beruf. Und eins ist es dabei ganz sicher nicht: langweilig. Weitere Infos zum Buch gibt es hier: http://www.ullsteinbuchverlage.de/nc/buch/details/fuer-mich-ist-auch-die-6-stunde-9783864930423.html

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