Rituale in der Schule (3): Das Klassenzimmer betreten

Rituale in der Schule (3): Das Klassenzimmer betreten

Schon bevor der eigentliche Unterricht beginnt, können Störungen auftreten, die das weitere Unterrichtsgeschehen negativ beeinflussen. Im Folgenden gibt Classroom-Management-Experte Christoph Eichhorn Anleitungen und Tipps, damit Schülerinnen und Schüler gut im Unterricht ankommen.

Dieser Beitrag ist der 3. Teil unserer neuen Blogserie: Rituale in der Schule – entspannter unterrichten“

Erinnerst du dich an deinen letzten Flug, den Besuch in einem guten Restaurant oder bei guten Freunden? Gerade angekommen, wirst du mit einem freundlichen Lächeln empfangen. Man hilft dir aus dem Mantel und kümmert sich um dich. Wie wichtig das ist, zeigen beispielsweise Studien zu Arzt-Patienten-Beziehungen: Freundliche Ärzte, die ihren Patienten zuhören, haben deutlich bessere Behandlungserfolge. Wie du diese Erkenntnisse für eine Lehrer-Schüler-Beziehung nutzt, zeigt dieser Beitrag zur Übergangssituation „Klassenzimmer betreten”.

So vermeidest du Störungen beim Betreten des Klassenzimmers

Variante 1: Bei SuS der Klassen 1-6

Vorgehen:

1. Begib dich rechtzeitig in dein Klassenzimmer bevor deine SuS kommen.

2. Richte dort alles Nötige her.

3. Entspanne dich :-)

4. Begib dich dann zur Klassenzimmertür.

5. Nimm dort deine SuS in Empfang.

6. Schenke Ihnen ein Lächeln.

7. Überblicke die Situation in deinem Klassenzimmer, während deine SuS eintreten.

8. Gib vor allem in der Anfangsphase, während der du das Ritual einführst, oder wenn sich deine SuS mit dem Ritual schwertun, viel positives Feedback und verzichte auf Kritik.

Variante 2: Bei SuS aller Klassenstufen

Vorgehen:

1. Begib dich rechtzeitig in dein Klassenzimmer bevor deine SuS kommen.

2. Richte dort alles Nötige her.

3. Entspanne dich.

4. Begib dich dann zur Klassenzimmertür.

5. Nimm deine SuS dort per Handschlag in Empfang.

6. Lächle deinen SuS freundlich zu.

7. Schaue deinen SuS bei der Begrüßung in die Augen.

8. Fordere von deinen SuS ein, dass diese deinen Blickkontakt erwidern.

9. Sprich deine SuS, wenn möglich, mit Namen an.

10. Heiße deine SuS, vor allem während den ersten Schultagen eines neuen Schuljahres, willkommen: „Willkommen in meinem Unterricht!“, oder nach einer Krankheit: „Ich freue mich, dass du wieder gesund bist, Ahmed, alles gut?“

11. Nutze die Möglichkeit, deinen SuS beim Betreten des Klassenzimmers hin und wieder ein kurzes Kompliment zu geben, indem du sie beispielsweise an etwas erinnerst, was sie gestern gut gemacht haben. Zum Beispiel in Bezug auf:

  • das Einhalten von Klassenregeln, insbesondere bei SuS, denen dies schwer fällt: „Christina, gestern hast du unsere Regel XY richtig gut eingehalten, das war prima, danke.“
  • die Förderung der Lern- und Arbeitshaltung deiner SuS: „Weißt du noch Paul, wie gut dir gestern die Mathe-Übungen gelungen sind – da hast du dich richtig gut angestrengt, prima“,
  • oder zur Förderung von Kontrollstrategien: „Ich habe beobachtet, dass du gestern noch mal richtig gut deine Arbeit kontrolliert hast – das war prima.“

12. Erkundige dich nach dem, was deine SuS gerne machen. So kannst du z. B. eine 15-jährige, von der du weißt, dass sie am Wochenende an einem Tanzwettbewerb teilgenommen hat, am Morgen so begrüßen: „Guten Morgen, Carmen, wie lief es am Wochenende beim Tanzwettbewerb?“

13. Zeige Interesse an den Themen, die deine SuS emotional bewegen: „Sabrina, wie geht es deinem kranken Hamster?“ Oder: „Wie verlief das Vorstellungsgespräch gestern, Carmen?“

14. Sprich mit warmer und freundlicher Stimme.

15. Überblicke, während du deine SuS willkommen heißt, auch die Situation in deinem Klassenzimmer.

Und auch hier gilt: Gib vor allem in der Anfangsphase, in der du das Ritual einführst, viel positives Feedback. Verzichte auf Kritik.

Variante 3: Zum Start in eine neue Woche und bei schwierigen Klasse

1. Richte dein Klassenzimmer so ein, dass alle SuS genug Platz haben, sich zu bewegen.

2. Wähle dann einen Einstieg, der bei deiner Klasse richtig gut ankommt und möglichst intensive Bewegungselemente enthält, z. B. eine Musik- oder Body-Performance bei älteren SuS.

3. Delegiere und beziehe vor allem die SuS mit schwierigem Verhalten ein, z. B. in die Musikauswahl und die Choreographie.

4. Zu spät kommende SuS tragen sich in eine Liste ein. Dort tragen sie auch ein, wie viel Minuten sie zu spät sind und warum es dazu kam. Sie bringen im Anschluss daran die Liste sofort zu dir, damit du unkompliziert überprüfen kannst, ob der S alle Angaben korrekt eingetragen hat. Klar müssen dann weitere Schritte folgen, wie z. B. Einzelgespräche mit dem Schüler. Dort überlegt der S, wie er es schafft, in Zukunft pünktlich zu sein. Eine andere Variante ist, die zu spät gekommene Zeit während der großen Pause im Klassenzimmer verbringen zu müssen oder an einem bestimmten Tag nachzuholen.

5. Die zu spät kommenden SuS erhalten einen Extra-Platz und schauen zu. Verteile die Extra-Plätze für mögliche Zuspätkommer im ganzen Klassenzimmer so, dass diese nicht nebeneinander sitzen können. Weise auch diese Plätze eindeutig zu, beispielsweise durch Nummerieren. Die zu spät kommenden SuS müssen warten, bis die Performance vorüber ist. Halte dich in der Nähe dieser SuS auf oder behalte diese im Auge, um Störungen zu reduzieren. Das kannst du am Besten dann, wenn du die Durchführung der Performance weitgehend an deine SuS oder an die Schulsozialarbeiterin deiner Schule delegiert hast.

6. Eine Musik- oder Body-Performance kommt bei vielen SuS gut an. Wenn das in deiner Klasse nicht der Fall ist, wähle einen anderen Einstieg, der für deine SuS attraktiv ist. Zum Beispiel: Ein ausgewählter S darf ein Video auf Youtube zeigen, das ihm besonders gefallen hat. Begrenze diese Phase zeitlich. Richte die Plätze für die zu spät kommenden SuS dann so ein, dass sie mit dem Rücken zu den Video-Filmen sitzen und sie nicht verfolgen können. Oder stelle eine Stellwand als Sichtschutz auf.

Die emotionale Bindung der SuS an die Schule fördern

Je schwieriger deine Klasse, desto attraktiver sollte der Einstieg in die neue Woche sein. Und desto wichtiger ist auch die Bedeutung einer akzentuierten Willkommenskultur. Damit förderst du die emotionale Bindung deiner SuS an Schule und Unterricht. Die Chancen, dass deine SuS pünktlich sind und positiv gestimmt ins Klassenzimmer kommen, steigen deutlich – und erleichtern dir damit das Unterrichten.

Tipps zur Sitzordnung bei schwierigen Klassen

  • lasse die SuS ihren Sitzplatz nicht selbst wählen, denn das verstärkt eventuell vorhandene Cliquenbildung und eine Außenseiterdynamik von SuS, die bereits am Rand stehen.
  • nummeriere eventuell die Sitzplätze. Vorlagen für Sitzordnungen finden du z.B. hier
  • nimm den Sitzplan mit an die Tür, wo du deine SuS begrüßt. Dann sagst du: „Paul, du hast Platz 13.“
  • wechsle, vor allem in schwierigen Klassen, konsequent die Sitzplätze, zum Beispiel täglich oder wöchentlich
  • lasse dich durch negative Kommentare deiner SuS nicht durcheinanderbringen. Diese sind in der Anfangsphase eines solchen Vorgehens normal

Wie geht es weiter?

Der nächste Beitrag befasst sich mit dem Thema Kleingruppenarbeit. Selbst wenn diese sehr gut startet, kommt es häufig gegen Ende zu Störungen aller Art. Wir geben dir Tipps, was du dann tun kannst. Einen Überblick über alle bisher erschienenen Beiträge findest du hier.

Anregungen oder Fragen zum Thema?

Christoph Eichhorn und das Redaktionsteam von meinUnterricht.de freuen sich über dein Feedback! Darüber hinaus ist geplant, im Verlauf der Beitragsserie einmal monatlich auf eure Fragen aus dem Themenkreis Rituale und Routinen einzugehen. Schreibe uns also dein Anliegen zu einer konkreten Unterrichtssituation (Informationen über Klassengröße, Klassenstufe, Hintergründe zu den betreffenden SuS sind dabei hilfreich) an:

classroom-management@meinunterricht.de

Über den Autor

Christoph Eichhorn arbeitet seit über 20 Jahren beim Schulpsychologischen Dienst Graubünden, mit Schwerpunkt CLASSROOM-MANAGEMENT (CM) . Er bietet dazu Vorträge, Workshops und Coaching für Lehrpersonen und Schulen an. Darüber hinaus hat er ein CM-Training für die Lehrerfortbildung in Bulgarien und der Slowakei entwickelt. Seine Artikel und Bücher erscheinen in verschiedenen Sprachen.

Literatur

Eichhorn, C. (2015): Classroom-Management: Wie Lehrer, Eltern und Schüler guten Unterricht gestalten. Klett-Cotta. 8. Aufl.

Eichhorn, C., von Suchodoletz, A., (2014): Die Klassenregeln. Guter Unterricht mit Classroom-Management. Klett-Cotta, Stuttgart

Marzano, R., Marzano, J., Pickering, D. (2003): Classroom Management that works. Research-based Strategies for every Teacher. Alexandria, USA

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