Rituale in der Schule (5): Schülerfeedback ritualisieren

Rituale in der Schule (5): Schülerfeedback ritualisieren

Mit Schülerfeedback erhalten Lehrkräfte schnell und einfach ein gutes Bild über die wichtigsten Aspekte ihres Unterrichts und können ihn so entsprechend anpassen. Hier erklärt der Autor und Classroom-Management-Experte Christoph Eichhorn, wie sich Feedback ritualisieren und im Unterricht einbauen lässt.

Dieser Beitrag ist der 5. Teil unserer Blogserie: Rituale in der Schule – entspannter unterrichten“

Wo ritualisiertes Schülerfeedback hilfreich ist

Alle Lehrkräfte unterrichten intuitiv feedbackgeleitet. Dennoch ist das Geschehen im Klassenzimmer oft derart komplex, dass keine Lehrkraft dauernd den Überblick haben kann und es so verpasst, wie es um ihre Schülerinnen und Schüler (SuS) eigentlich steht.

Hier drei exemplarische Situationen, die dir vielleicht bekannt vorkommen:

Situation A: Eine L hat einen Arbeitsauftrag gegeben, aber einige SuS haben nicht wirklich verstanden, was sie tun sollen. Aus Angst, sich vor ihren Mitschülern zu blamieren, sagen sie aber nichts, sondern tun so, als wüssten sie, was zu tun ist. Nach 10 Minuten bemerkt die L zufällig, dass alles, was einige ihrer SuS bisher erarbeitet haben, falsch ist. Die SuS müssen noch mal von vorn anfangen. Dazu haben sie jetzt aber gar keine Lust.

Situation B: Die SuS haben bereits einige Zeit in Einzelarbeit gearbeitet. Jetzt sollen sie in Kleingruppenarbeit ihre Arbeit vertiefen. Einige hat die Einzelarbeit aber bereits so sehr angestrengt, dass sie jetzt kaum mehr Energie für die KG-Arbeit haben. Aber natürlich meldet sich keiner und sagt: „Dürfte ich eine Pause einlegen, um Energie zu tanken?“ Statt in der Kleingruppenarbeit richtig mitzumachen, stören sie und lenken ihre Mitschüler ab.

Situation C: Eine L ist begeistert von der Unterrichtseinheit, die sie heute für ihre Schüler geplant hat. Sie hat auch einiges an Zeit dafür investiert. Aber bei deinen SuS kommt die Unterrichtseinheit nicht gut an. Sie finden die gestellten Aufgaben langweilig. Ein S wirft eine Papierkugel durchs Klassenzimmer. Es kommt zu Unruhe. Die L ist irritiert. Klar meldet sich keiner und sagt:„Mir ist langweilig.“

Wie könnte die L in unseren Beispielen herausfinden, wie es um ihre SuS steht?

Dreiecks-Pyramide für Schülerfeedback

Schülerfeedback durch die Dreiecks-Pyramide

In Frau Hagens Zimmer steht auf jedem Schülerpult eine Dreiecks-Pyramide, also eine Pyramide mit einem gleichschenkligen Dreieck als Grundfläche (hier geht es zur Bastelvorlage). Die sichtbaren Pyramiden-Flächen haben die Farben Rot, Gelb und Grün.

Sie setzt sie wie folgt ein:

In Situation A: Wenn ein S einen Auftrag gut verstanden hat und keine Hilfe braucht, dreht er die grüne Seite seiner Pyramide zur L hin. Das bedeutet: „Ich komme gut klar.“ Gelb bedeutet: „Ich versuche es weiter“ oder „Ich glaube, ich schaffe es doch noch.“ Wendet ein S die rote Seite der Pyramide zur Lehrperson, bedeutet das: „Ich komme nicht mehr weiter, bitte helfen Sie mir.“

In Situation B: Frau Hagens SuS haben eine längere Einzelarbeit hinter sich. Jetzt sollen sie zur KG-Arbeit wechseln. Frau Hagen fragt ihre Klasse: „Habt ihr noch Energie zum Weiterarbeiten?“ Die SuS drehen die entsprechende Seite ihrer Pyramide zu ihrer L. So erkennt sie auf einen Blick das Energieniveau ihrer SuS. Da einige SuS die rote Seite zu ihr gedreht haben, entscheidet sie sich dafür, zunächst eine kleine Bewegungsübung durchzuführen, um ihren SuS wieder Energie zu geben. Danach führt sie die KG-Arbeit, zeitlich verkürzter, fort.

In Situation C: Frau Hagen hat eine KG-Arbeit durchgeführt, jetzt möchte sie wissen, wie diese bei ihren SuS ankam. Entsprechend einer von ihr vorgelegter Folie drehen ihre SuS ihre Pyramide wie folgt:

– Der KG-Auftrag war für mich: klar = grün; nicht ganz klar = gelb; ich wusste nicht, was ich tun sollte = rot.

– Ich fand die Aufgabe: zu schwierig = rot; zu leicht = gelb; genau richtig = grün.

– Ich fand die KG-Arbeit: langweilig = rot; unentschieden = gelb; spannend = grün.

– Ich hab mich in meiner KG: wohl gefühlt = grün; unentschieden gefühlt = gelb; nicht gut gefühlt = rot.

– Ich konnte in meiner KG-Arbeit: gut arbeiten = grün; unentschieden = gelb; nicht gut arbeiten = rot. 

Die Vorteile ritualisierten Schülerfeedbacks

Die Vorteile des ritualisierten Feedbacks sind schnell umrissen: Zum einen erhält die L schnell und einfach ein gutes Bild über die wichtigsten Aspekte ihres Unterrichts und kann ihren Unterricht entsprechend anpassen. Und zum anderen reflektieren die SuS dadurch regelmäßig ihr eigenes Befinden und verbessern damit ihre Introspektionsfähigkeit, die eines der tragenden Säulen des Konzepts der emotionalen Intelligenz ist.

Auf einen Blick: Schülerfeedback ritualisieren

1. Für dein aktuelles Handeln in deinem Klassenzimmer ist weniger der Lehrplan maßgeblich als vielmehr die aktuelle Situation, die du dort vorfindest: die Stimmung oder das Aktivierungsniveau der Klasse (ob die Schüler müde, gut konzentriert oder überdreht sind).

2. Lasse deine SuS eine Dreiecks-Pyramide anfertigen (hier geht es zur Bastelvorlage).

3. Alle SuS schreiben ihre Namen auf den Pyramidenboden.

4. Erkläre, wie du mit der Pyramide arbeiten wirst und setze diese immer wieder ein.

Anregungen oder Fragen zum Thema?

Christoph Eichhorn und das Redaktionsteam von meinUnterricht freuen sich über dein Feedback! Darüber hinaus ist geplant, im Verlauf der Beitragsserie einmal monatlich auf eure Fragen aus dem Themenkreis Rituale und Routinen einzugehen. Schreibe uns also dein Anliegen zu einer konkreten Unterrichtssituation (Informationen über Klassengröße, Klassenstufe, Hintergründe zu den betreffenden SuS sind dabei hilfreich) an:

classroom-management@meinunterricht.de

Über den Autor

Christoph Eichhorn arbeitet seit über 20 Jahren beim Schulpsychologischen Dienst Graubünden, mit Schwerpunkt CLASSROOM-MANAGEMENT (CM) . Er bietet dazu Vorträge, Workshops und Coaching für Lehrpersonen und Schulen an. Darüber hinaus hat er ein CM-Training für die Lehrerfortbildung in Bulgarien und der Slowakei entwickelt. Seine Artikel und Bücher erscheinen in verschiedenen Sprachen.

Literatur

Eichhorn, C. (2015): Classroom-Management: Wie Lehrer, Eltern und Schüler guten Unterricht gestalten. Klett-Cotta. 8. Aufl.

Eichhorn, C., von Suchodoletz, A., (2014): Die Klassenregeln. Guter Unterricht mit Classroom-Management. Klett-Cotta, Stuttgart

Salovey, P., Caruso, D., Mayer, J. (2004): Emotional Intelligence in Practice. In: Linley, A., Joseph, S.: Positive Psychology in Practice. Hoboken, New Jersey, S. 447-463.

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