Zwei Rollen, ein Leben und viele Erwartungen: Patricia Mayer hat einen Ratgeber für die werdenden Mütter unter ihren Kolleginnen geschrieben – gespickt mit persönlichen Erfahrungen, praktischen Tipps und rechtlichen Hinweisen. Wir haben Sie gefragt, warum manche Dinge beim Thema Mutterschaft für Lehrerinnen immer noch schwerer sind, als sie vielleicht sein müssten.

meinUnterricht: Sie scheinen mit Ihrem Buch in eine echte Marktlücke vorgestoßen zu sein. Obwohl weit mehr als die Hälfte aller Lehrkräfte in Deutschland weiblich ist, hatten wir bei unseren Recherchen den Eindruck, dass das Thema Mutterschaft und Lehrberuf vergleichsweise unterrepräsentiert ist: Internet-Foren für Mütter und Lehrkräfte sind voll von Fragen, aber das Angebot an Quellen mit einem übersichtlichen Informations-Angebot ist sehr überschaubar. Was glauben Sie, woran das liegt?

Patricia Mayer: Das liegt einerseits bestimmt an der Tatsache, dass sich das Beamtenrecht von Bundesland zu Bundesland unterscheidet. Das ist auch ein Problem in meinem Buch: Um rechtlich verbindliche Informationen zu bekommen, muss sich jede Lehrerin ganz konkret für ihre Situation informieren. Zudem scheint es auch für jede Schulleitung einen gewissen Spielraum zu geben, wie sie die Rechte und Pflichten der schwangeren Kollegin auslegt. Ein übersichtliches, umfassendes und für alle Lehrerinnen gültiges Informationsangebot ist dadurch fast unmöglich.

meinUnterricht: Nicht nur in Ihrem Buch wird immer wieder dazu geraten, die Schwangerschaft möglichst früh und offen zu kommunizieren – auch um sich selbst und das Baby besser vor möglichen Gefährdungen schützen zu können. Trotzdem scheint das für viele, beispielsweise während des Referendariats, nicht selbstverständlich zu sein. Und Sie selbst schreiben in Ihrer Einleitung, dass Sie erst als arbeitende Mutter nach und nach anfingen, sich mehr mit anderen über Ihre Probleme auszutauschen. Was müsste sich verändern, damit sich ein offenerer und selbstverständlicherer Umgang mit der Situation etabliert?

Mayer: Das Referendariat ist – nicht nur in diesem Zusammenhang – eine Ausnahmesituation, in der  sowieso andere, nicht immer nachvollziehbare, Regeln gelten.

Innerhalb eines Lehrerkollegiums gibt es leider häufig Spannungen zwischen den Vollzeitlehrern, die sich absolut ausgelastet fühlen und den Teilzeitkräften, die vermeintlich viel weniger Arbeitsbelastung haben. Und es schwelt auch immer die Angst, noch mehr Belastung aufgebürdet zu bekommen, wenn eine Kollegin ausfällt. Leider muss dieser Ausfall nämlich oft zu 100% vom Kollegium aufgefangen werden. Es wäre auf jeden Fall wünschenswert, den Stundenausfall durch eine echte Vertretung zu kompensieren, damit niemand dazu gezwungen wird, unfreiwillig Mehrarbeit zu leisten.

meinUnterricht: Gibt es verbreitete Irrtümer und Vorurteile über das Unterrichten als Mutter, mit denen Sie an dieser Stelle aufräumen wollen?

Mayer: Die meisten Mütter unterrichten in Teilzeit, weil sie nebenher noch viele weitere, anstrengende, kräftezehrende, verantwortungsvolle Aufgaben zu erfüllen haben und nicht, weil es – wie eine Kollegin letztens zu mir sagte – „auch mal schön ist, weniger zu arbeiten“.

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meinUnterricht: Vor allem mit Blick auf den Wiedereinstieg mit Kind(ern), was war anders als Sie es sich zunächst vielleicht ausgemalt haben?

Mayer: Ich dachte zunächst, dass es mich zufriedener macht, wieder „ernsthaft“ zu arbeiten, Geld zu verdienen und dem Haushalt und der Kindererziehung für ein paar Stunden zu entfliehen. Aber nur weil ich wieder unterrichte, werden meine anderen Aufgaben nicht weniger und ich habe dann schnell gemerkt, dass es fast unmöglich ist, allen Erwartungen, die meine unterschiedlichen Rollen an mich stellen, zu genügen. Also habe ich angefangen zu lernen, überall einen Gang herunter zu schalten, um selber nicht auf der Strecke zu bleiben.

meinUnterricht: Sie sind inzwischen zweifache Mutter. Auch wenn jede Schwangerschaft anders verlaufen und mit neuen Herausforderungen einhergehen kann, gab es ein besonders hilfreiche Erfahrung bzw. Erkenntnis aus der ersten Schwangerschaft?

Mayer: Ja: Ich muss nicht alles alleine – und perfekt – stemmen, um Hilfe bitten ist nicht schlimm und wenn ich Hilfe annehme, geht es mir besser. Egal, ob es Stundenentwürfe waren, die ich von Kollegen bekam oder ob mir jemand die Aufsicht beim – von mir ursprünglich ins Leben gerufenen – klassenübergreifenden Projekt abgenommen hat, es hat mir immer neue Energie gebracht. Auch die Verlängerung von Korrekturfristen war ein tolles Entgegenkommen, um das ich gebeten hatte und das mir meinen Alltag als Schwangere wirklich erleichtert hat.

meinUnterricht: In Ihrem Buch schreiben Sie davon, dass der Beruf durch die Abwechslung vom Elternalltag auch kleine Auszeiten bietet und persönliche Freiräume schaffen kann. Was genießen Sie am meisten am Lehrerindasein? Gibt es Aspekte des Lehrberufs, die Sie neu schätzen gelernt haben?

Mayer: Ich genieße den geistigen Input. Ich habe einen Anlass, mich mit Themen jenseits des Spielplatzes zu beschäftigen und die Ideen in meinem Kopf haben ein Ziel. Es ist einfach eine ganz andere Herausforderung, die Tagesschau zu sehen, um unterrichtstaugliche, tagespolitische Themen zu eruieren, als um zu überlegen, ob die Kinder morgen Gummistiefel brauchen ;-)


Mama werden – Lehrerin bleiben

Patricia Mayers Buch Mama werden und Lehrerin bleiben ist im Auer Verlag erschienen.

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